«Das Minarettverbot gilt nicht absolut»
Heute vor fünf Jahren votierten 57,5 Prozent der Stimmbürger für ein Verbot von Minaretten. Wie das Bundesgericht urteilen würde, wenn ein Baugesuch für ein Minarett zu begutachten wäre, ist dennoch ungewiss.
Mit welchen Erinnerungen und Gedanken Kabarettist Viktor Giacobbo, Musiker Dabu Bucher, Initiant Walter Wobmann und Saïda Keller-Messahli, Gründerin und Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam, auf die Annahme der Minarettinitiative zurückblicken.
Vier Erinnerungen, erschienen am 29. November 2014 in der Südostschweiz und der Nordwestschweiz / Aargauer Zeitung.
Viktor Giacobbo
«Die Minarettinitiative war von einigen fragwürdigen Abstimmungsvorlagen in letzter Zeit die dümmste und wirkungsloseste. Oder glaubt heute wirklich jemand, die Schlächter des Islamischen Staates würden sich von einem Türmchenverbot beeindrucken lassen? Die Initiative hat überhaupt nichts gebracht. Im Gegenteil: Sie hat das Image der Schweiz in der Welt verschlechtert und moderate, integrierte Muslime diskriminiert. Dabei müssten gerade diese im Kampf gegen islamistische Fundamentalisten gestärkt werden.»
Dabu Bucher
«Musik ist in meinem Leben ein sehr wichtiges Ventil. Darum musste ich mich sofort ins Studio setzen, einen Song schreiben und ihn noch am selben Abend aufnehmen und veröffentlichen. ‘S’Volk i dem Land folgt nüm voll sim Verstand’, habe ich gesungen. Denn für die Annahme der Minarettinitiative fehlte mir jegliches Verständnis.»
Walter Wobmann
«Ich hatte in den Wochen nach der Abstimmung mehrere tausend Zuschriften aus dem In- und Ausland erhalten. Bloss ein, zwei Prozent davon waren negativer Art. Im Ausland reagierten viele Menschen neidisch auf die Chancen, die unser direktdemokratisches System bietet. Denn auch sie hätten gerne ein Zeichen gegen den extremen Islam gesetzt.»
Saïda Keller-Messahli
«Ich war mit dem Auto unterwegs zum Radiostudio in Bern und schon fast am Ziel, als ich die Nachricht hörte, die Minarettinitiative werde Hochrechnungen zufolge deutlich angenommen. Wie kurz erblindet fuhr ich in ein vor mir auf das grüne Licht der Ampel wartendes Auto – so irritiert war ich. Meine Enttäuschung war gross, denn das Bauverbot für Minarette passte so gar nicht zu meinem Bild von der Schweiz.»
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