Dennis Bühler – Journalist

Recherchen, Reportagen, Portraits, Interviews und Analysen zu Politik, Medien, Gesellschaft und Sport

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«Die Chancen der Initiative stehen gut»

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SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt lehnt die Konzern-Initiative ab, aber wird er Nein stimmen? Ein Gespräch über den missratenen Gegenvorschlag, die Sturheit der SVP, überforderte Parlamentarier und seinen absehbaren Rückzug aus der Politik.

Ein Interview, erschienen am 27. Oktober 2020 im Onlinemagazin Republik.

Müssten Sie sich verbiegen, wenn Sie in der SVP eine stärkere Rolle spielen wollen würden?

Innerparteiliche Macht hat mich nie interessiert. Mein Standing in der Partei ist, was es ist: das Ergebnis meiner Taten und Äusserungen als Politiker und Mensch, und nichts, was ich anderweitig beeinflussen möchte.

Wie wohl fühlen Sie sich in der SVP-Fraktion?

Ich fühle mich wohl. Ich bin in so vielen Hinsichten nicht der paradigmatische SVP-Politiker, dass niemand von mir erwartet, der Anführer und Fahnen­träger der Partei zu sein. Diese Rollen müssen andere spielen. Aber ich habe meinen Platz in der Fraktion gefunden.

Wie wohl fühlen Sie sich in der Politik?

(überlegt lange) Vorderhand ist es noch gut, aber es ist nicht für die Ewigkeit.

Was heisst das?

Ich kann mich in der Politik nicht so entfalten und einbringen, wie ich es eigentlich möchte und wie ich es in meinem Beruf kann. Mein Wissen und Können zählen in der Politik nur beschränkt. Es ist wie eine fremde Währung, mit der man nicht zahlen kann. Und es gibt Dinge im politischen Betrieb, die mich stören.

Was?

Zum Beispiel, dass man immer so tun muss, als ob man alles wüsste.

Muss man das?

Es ist undenkbar, im «Sonntalk» aufzutreten und auf die Frage, was der Bund gegen das Coronavirus tun soll, zu antworten: «Hören Sie, ich habe leider auch keine Ahnung.»

Warum ist das undenkbar?

Niemand wählt einen Politiker, weil er etwas nicht weiss. Wir werden gewählt, um Lösungen zu suchen. Aber es wäre ehrlicher, jedenfalls am Anfang zu sagen: «Die Zukunft ist ungewiss. Ich weiss leider auch nicht, wie sich auswirken wird, was wir heute beschliessen.»

Weiterlesen / das gesamte Interview lesen (online)…

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Written by Dennis Bühler

27. Oktober 2020 at 10:00

Wird die Medienpolitik auf Jahre hinaus gelähmt?

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Die staatliche Förderung von digitalen Medien steht auf der Kippe. Das liegt vor allem an der gespaltenen CVP. Heute könnte die Medien­politik auf Jahre hinaus gelähmt werden.

Eine Recherche, erschienen am 24. August 2020 im Onlinemagazin Republik.

«Weshalb sind die Medien auf staatliche Hilfe angewiesen?» Stefan Engler stellt die Frage, kaum ist er ans Redner­pult des Ständerats geschritten. Und er antwortet gleich selbst: «Weil sich der journalistische Aufwand und die publizistische Vielfalt als Leistung des Service public am Markt nicht rechnen.»

Es ist der 18. Juni 2020, der zweitletzte Tag der Sommersession. Zweieinhalb Wochen hat die kleine Kammer über Covid-19 und die Bewältigung der Pandemie diskutiert. Jetzt widmet sie sich einer Vorlage des Bundesrates, von der die Zukunft einer ganzen Branche abhängt: dem Massnahmen­paket zugunsten der Medien.

Stefan Engler, 60-jährig, CVP, ist seit gefühlter Ewigkeit in der Politik. Von 1987 bis 1998 sass er im Bündner Grossen Rat, danach zwölf Jahre im Regierungs­rat, seit Dezember 2011 vertritt er seinen Kanton im Stände­rat. Seit Anfang Jahr präsidiert er die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Und selten spielte Engler eine wichtigere Rolle als jetzt, wo es so schnell gehen soll wie kaum je sonst in der für gewöhnlich trägen Schweizer Politik.

An diesem Donnerstag im Juni gibt der Kommissions­präsident sein Bestes, um seine Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, die staatliche Medien­förderung markant auszubauen. Lasse der Stände­rat einzig den Wettbewerb spielen, nehme er in Kauf, dass die Vielfalt auf der Strecke bleibe, sagt Engler. «Die Eigentums- und Markt­konzentration bestimmter Medien­quellen sind der Feind der Meinungs­vielfalt, weil sie das Inhaltsangebot verarmen.»

Weil nun vielerorts Konkurse, die Einstellung von Zeitungs­titeln und Massen­entlassungen drohen, macht die Politik Tempo. Schafft es der Bundes­rat, das Parlament zu überzeugen, dann wird schon 2021 bedeutend mehr Geld an die Schweizer Medien fliessen: für den Vertrieb der gedruckten Zeitungen und erstmals auch für Online­journalismus. Fix mit Bundesgeldern rechnen sollte derzeit allerdings kein Online­medium. Denn gegen Ständerat Engler hat sich eine Front von Gegnerinnen gebildet – aus Exponenten der eigenen Partei. Und der Streit in der CVP könnte die Medien­politik auf Jahre hinaus lähmen.

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Written by Dennis Bühler

24. August 2020 at 10:00

Das Endspiel

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Schmutzige Tricks im Parlament und Initianten, die sich in letzter Minute mit Nestlé einigen: Wie um die Konzern­verantwortung gerungen wird. Bis zum allerletzten Moment.

Eine Recherche, erschienen am 4. Juni 2020 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Carlos Hanimann.

Überraschend und buchstäblich in letzter Minute lancierte der weltgrösste Nahrungsmittel­konzern Nestlé gestern Morgen einen eigenen Gegen­vorschlag. Das zeigen Recherchen der Republik. Der Vorstoss hat im Parlament gute Chancen. Umso mehr, als sich das Initiativ­komitee gestern Nachmittag nach mehrstündigen Diskussionen bereit erklärte, seine Initiative zurück­zuziehen, sofern der neue Gegenvorschlag bis zum Ende der Beratungen Bestand hat. Das bestätigen die Initianten auf Anfrage der Republik.

Die der Öffentlichkeit bis jetzt verborgenen Vorgänge der letzten Stunden und Wochen werfen ein Schlag­licht auf die Mechanik der Schweizer Politik.

Es stellen sich gleich mehrere Fragen: Geht es mit rechten Dingen zu und her, wenn Parteien nicht ihre mit dem Dossier am besten vertrauten Vertreterinnen in die finale Einigungs­konferenz schicken, sondern Politiker, deren Abstimmungs­verhalten sich leichter kontrollieren lässt? Und ist es aus demokratie­theoretischer Warte in Ordnung, wenn sich ein international operierender Grosskonzern im allerletzten Moment diskret in einen Gesetz­gebungs­prozess einmischt – und ihm nach jahrelanger Diskussion womöglich eine entscheidende Wendung gibt?

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Written by Dennis Bühler

4. Juni 2020 at 09:00

Im Goldfischteich

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An diesem und dem nächsten Wochen­ende entscheidet sich der Kampf um den Ständerat. Wer das Rennen macht, wird sich auf Laptop­verbot, Morgen­appell, Traditions­verliebtheit einstellen müssen. Ein Porträt der mächtigen kleinen Kammer – in sechs Episoden.

Ein Hintergrundartikel, erschienen am 15. November 2019 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Philipp Albrecht und Bettina Hamilton-Irvine.

Die Krawattenpflicht ist dem Tode geweiht: Immer mehr Unter­nehmen entbinden ihre Kaderleute davon. Doch eine Gruppe 46 Unbeugsamer im Bundes­haus hält hartnäckig an der Krawatte fest. Konrad Graber begrüsst das. «Ich bin Anhänger von Traditionen.»

Doch Graber gehört bald der Vergangenheit an. Der 61-jährige Luzerner CVP-Politiker ist nur noch bis Ende Monat Mitglied des Ständerats. Er hört nach 12 Jahren auf. Und mit ihm viele seiner Kolleginnen. Diesen und nächsten Sonntag wählen die letzten 9 Kantone im zweiten Wahlgang neue Vertreter. Klar ist schon jetzt: Der Ständerat wird danach jünger und weiblicher sein. Vielleicht ist auch bald schon die Krawatten­pflicht in Gefahr.

Ständerat, kleine Kammer, Chambre de réflexion, Stöckli – die Gruppe trägt viele Namen. Etliche der Regeln, die für sie gelten, wären im National­rat undenkbar. Auch wenn dort genauso jahrzehnte­lang jeder einen Schlips tragen musste und eine Zeitung dem damaligen Nationalrats­präsidenten Martin Bundi noch 1986 wegen einer fehlenden Krawatte Führungsschwäche vorwarf.

(…)

Die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz hält einen knackigen Vergleich parat: Der Nationalrat, sagt sie, sei wie ein Haifisch­becken. Im Ständerat hingegen fühle man sich wie in einem Goldfisch­teich. Wie Graber gibt auch Fetz Ende Monat den Badge ab – nach 16 Jahren. Was macht den Ständerat zum Goldfisch­teich, Frau Fetz?

«Im Gegensatz zum Nationalrat, wo sich jeder mit seinen Ellen­bogen Aufmerksam­keit und einen Platz in den begehrten Kommissionen erkämpfen muss und wo ständig Sturm­see herrscht, hat man im Ständerat genug Platz, um herumzu­schwimmen und zu schauen, was läuft. Man kann sich schön auf den Inhalt konzentrieren. Das entspannt schon sehr.»

Doch ganz so einfach ist es nicht. Was macht den Ständerat aus, wie funktioniert er – wer ist er? Eine Annäherung in Episoden.

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Written by Dennis Bühler

15. November 2019 at 10:00

Stell dir vor, du wirst in den Nationalrat gewählt. Für wen setzt du dich ein und was ist es dir wert?

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Die Glaubwürdigkeit des Milizparlaments steht am Pranger. Welche Nebenämter dürfen Politiker noch annehmen? Eine fiktive Einführung ins politische Lobbying.

Eine fiktive Recherche, erschienen am 2. Oktober 2019 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Philipp Albrecht.

Und dann bist du gewählt.

Zehntausende Menschen schicken dich, die 31-jährige Grünliberale aus dem Kanton Aargau, nach Bern ins Bundes­haus. Dort sollst du ihre Interessen vertreten.

Was das wohl genau heisst, fragst du dich an diesem 2. Dezember 2019, als du zum ersten Mal in den Nationalrats­saal trittst und deinen Platz suchst. «Nicht vergessen, selber zu denken», flüstert dir Partei­kollegin und Sitznachbarin Kathrin Bertschy ins Ohr, als hätte sie deine Gedanken gelesen.

Mit lauter Stimme liest Philippe Schwab, General­sekretär der Bundes­versammlung, danach vor, woran du dich während deiner Zeit im Parlament zu halten hast: «Ich gelobe, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen.» Im Chor mit jenen 81 National­rätinnen, die wie du nicht religiös sind und deshalb keinen Eid leisten, sondern ein Gelübde, antwortest du: «Ich gelobe es.»

Vielleicht solltest du zuerst einmal deine eigenen Interessen vertreten, denkst du dir. Das macht man doch als Milizparlamentarierin, die du in der Schweiz bist. Jedes Mitglied des Parlaments bringt einen Beruf mit nach Bern, heisst es. Und damit auch Sympathien für eine Branche. Aber bei dir ist das gar nicht so einfach. Als diplomierte Umwelt­ingenieurin der Eidgenössischen Technischen Hochschule und Mitarbeiterin eines Beratungsbüros für Energie­effizienz hilfst du Firmen, ökologischer zu werden. Macht das dich zu einer Frau der Wissenschaft oder der Wirtschaft?

(…)

Am Morgen nach der Wahlfeier bist du mit pochender Schläfe aufgewacht. Und dem Gedanken: Kann ich das überhaupt?

Gerade einmal drei Jahre Erfahrung bringst du aus dem kantonalen Parlament mit. Als du Anfang 2017 in die Politik eingestiegen bist, konntest du dein Arbeitspensum im Beratungsbüro auf 60 Prozent reduzieren. Du warst dem Chef dankbar dafür.

Und doch musstest du dich oft spätabends und an den Wochenenden noch in politische Dossiers vertiefen. Das fiel dir nicht immer leicht. Dein Partner, der 80 Prozent bei der Aargauer Kantonal­bank arbeitet, kann die Betreuung eures dreijährigen Sohnes nur an einem Wochentag übernehmen. An zwei Tagen ist der Kleine in der Krippe. Zwei- bis dreimal pro Monat springen deine Eltern ein.

Trotzdem gab es nie Momente, in denen du den Einstieg in die Politik bereut hättest. Und nun also die nächste Stufe: Nationalrätin!

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Written by Dennis Bühler

7. Oktober 2019 at 16:00

Ueli, der Staatsmann

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SVP-Bundesrat Ueli Maurer wurde während seiner gesamten Laufbahn belächelt. Nun, da sie sich dem Ende zuneigt, wird er gefeiert. Was ist passiert?

Ein Porträt, erschienen am 20. Dezember 2018 im Onlinemagazin Republik.

Die Sorgenmiene und der stets leicht beleidigte Tonfall gehören zu ihm, seit er vor 22 Jahren Präsident der SVP wurde. Und jetzt das.

«Politik muss Spass machen», ruft Ueli Maurer an diesem 5. Dezember in den Nationalratssaal. «Und ich glaube, das soll die Bevölkerung auch spüren: dass hier Leute am Werk sind, die mit Freude versuchen, das Beste für unser Land herauszuholen.» Der 68-Jährige erntet tosenden Applaus.

Toni Brunner, der rechteste SVP-Politiker, springt genauso begeistert auf wie Silvia Schenker, die linkste Sozialdemokratin. Regula Rytz, die Präsidentin der Grünen, wird später twittern: «Eine mitreissende Antrittsrede des neuen Bundes­präsidenten Ueli Maurer. Trotz aller inhaltlicher Differenz: Chapeau!»

201 von 209 im Saal anwesenden Parlamentariern haben Maurer soeben zum Bundes­präsidenten des Jahres 2019 gekürt – nie seit Jean-Pascal Delamuraz (FDP) vor drei Jahrzehnten hat ein Kandidat ein besseres Resultat erreicht. Plötzlich wird Maurer über sämtliche Partei­grenzen hinweg bewundert. Ausgerechnet er, die einst so bissige SVP-Bulldogge. Was ist da passiert? Und wie verändert es Maurers Beziehung zur eigenen Partei, wenn er auf einmal als konzilianter Brücken­bauer auftritt?

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Written by Dennis Bühler

20. Dezember 2018 at 09:00

Veröffentlicht in Republik

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