Dennis Bühler – Journalist

Recherchen, Reportagen, Portraits, Interviews und Analysen zu Politik, Medien, Gesellschaft und Sport

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Die politische Macht der TX Group

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Pietro Supino spielt in der Schweizer Medienpolitik eine beherrschende Rolle. Dabei helfen dem TX-Group-Verleger enge Bande zu einflussreichen Politikerinnen – und der Verlegerverband, der nicht selten hinter Supinos Konzern­interessen zurückstecken muss.

Ein Beitrag zur mehrteiligen Serie «Tamedia Papers», erschienen am 18. Dezember 2020 in der Republik und im welschen Onlinemagazin «Heidi News».

Der «No Billag»-Abstimmungs­kampf zeigt beispielhaft, wie der Verleger­verband unter Pietro Supino funktioniert. Nach aussen: rücksichtslos darauf bedacht, die eigenen Interessen durchzusetzen. Nach innen: top down – was der Präsident und sein Vizepräsident wollen, wird umgesetzt. Selbst wenn es gegen die Interessen fast aller anderen Verbands­mitglieder geht.

Ihr Problem: An Supino, dem mit Abstand mächtigsten Medien­unternehmer des Landes, gibt es im Verband schon längst kein Vorbeikommen mehr.

Supino dominiert den Druckerei­markt, wo er die Preise inzwischen fast nach eigenem Gutdünken festlegen kann: «Blick», «SonntagsBlick», «Le Temps», «Handelszeitung», «Luzerner Zeitung», NZZ, «NZZ am Sonntag» und die blocherschen Gratis­blätter – sie alle werden bei der TX Group gedruckt.

Supino besitzt mit der Goldbach Group den grössten Werbe­vermarkter der Schweiz: Nachdem sich die SRG und Swisscom aus der Werbeallianz Admeira zurückzogen, hat die TX Group keinen ernst zu nehmenden Konkurrenten mehr. Die Goldbach-Übernahme geht mitten in der «No Billag»-Schlacht über die Bühne. Wir kommen in einem späteren Kapitel darauf zurück.

Und Supino bestimmt mit seinen schlagkräftigen Einheits­redaktionen die Publizistik in den drei grossen Sprach­räumen des Landes. Im Tessin sowie den wichtigsten Deutsch- und West­schweizer Städten Zürich, Bern, Basel, Genf und Lausanne kann seinem Verlag niemand das Wasser reichen.

Kurz: Wird ein Branchen­anliegen von Supino nicht unterstützt, ist es chancenlos. Würde er etwa bei den Tamedia-Portalen darauf verzichten wollen, Bezahl­schranken einzuführen, brauchten die anderen Verlage gar nicht erst zu versuchen, für ihre Inhalte Geld zu verlangen – die geplante Log-in-Allianz wäre im Vorhinein zum Scheitern verurteilt.

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Written by Dennis Bühler

18. Dezember 2020 at 10:00

Völlig losgelöst und komplett entgleist

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Selten war eine Abstimmung so bitter umkämpft wie die zur Konzernverantwortung. Wie es kam, dass aus der Vorlage über Rechenschafts­pflichten von Konzernen eine Debatte über Glaubwürdigkeit und Moral sogenannter Gutmenschen wurde.

Eine Recherche, erschienen am 19. November 2020 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Carlos Hanimann.

Nun ist die Abstimmung noch zehn Tage entfernt. Das Ergebnis dürfte knapp ausfallen. Gestern publizierte letzte Umfragen deuten auf ein knappes Ja hin – einmal wird eine Zustimmung von 51 Prozent vorhergesagt, einmal eine von 57 Prozent. Allerdings sind Initiativen selten erfolgreich und können selbst dann scheitern, wenn sie von einer Mehrheit unterstützt werden: am Ständemehr. Das ist auch dieses Mal ein realistisches Szenario.

Wie auch immer die Abstimmung ausgeht, schon heute ist klar: Selten fiel ein Abstimmungs­kampf so heftig aus – nicht nur bei der reformierten Kirchgemeinde Nidwalden, sondern auch in den Headquarters der grossen Konzerne und der eng mit ihnen verflochtenen Wirtschaftsverbände.

Vermutlich sind noch nie so viele Interviews mit CEOs und Verwaltungs­rats­präsidenten von Grosskonzernen geführt worden wie in diesem Herbst: Novartis, Lafarge Holcim, Nestlé – alle stellten sie ihr Spitzenpersonal für Interviews zur Verfügung oder füllten die Zeitungsspalten gleich selber mit Meinungsbeiträgen, um vor einer Annahme der Initiative zu warnen. Hinzu kamen vertrauliche Hintergrund­gespräche, wie sie beispiels­weise Nestlé-Präsident Paul Bulcke oder die dossier­verantwortliche Bundesrätin Karin Keller-Sutter letzte Woche mit den Ringier-Redaktionen führten.

Die plötzliche Redseligkeit der Topmanager zeigt vor allem eines: In den Konzernen herrscht nackte Panik. Selten zitterte die Wirtschafts­elite dieses Landes so sehr vor einem Abstimmungs­sonntag. Und selten warf sie sich so sehr in die Schlacht wie in diesen Tagen. (…)

Der 29. November steht nicht nur für ein Ja oder ein Nein zur Initiative. Es geht auch um die Frage, wer in Wirtschafts­fragen mitreden darf.

In diesem Sinne greift die Konzern­verantwortungs­initiative ein tief verankertes Selbst­verständnis der Schweizer Wirtschaft an: dass es die Unter­nehmen selbst sind, die den Rahmen für Schweizer Unter­nehmen definieren – und dass sich die Politik raushalten soll, wann immer es geht.

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Written by Dennis Bühler

19. November 2020 at 10:00

Das Doppelspiel der Grossverleger

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Eine Intervention des Aargauer Verlegers Peter Wanner kippt die Mehrheit in der zuständigen Kommission des Nationalrats in letzter Minute. Seine Kollegen im Verlegerverband sind empört – mit Ausnahme von Präsident Pietro Supino.

Eine Recherche, erschienen am 26. August 2020 im Onlinemagazin Republik.

Am Samstagabend wenden sich zwei Mitglieder des Präsidiums des Verleger­verbandes per E-Mail an die 25 Mitglieder der national­rätlichen Kommission für Verkehr und Fernmelde­wesen (KVF). «Medien­politisches Paket – Klarstellung», heisst es in der Betreff­zeile des Schreibens, das der Republik vorliegt. Was folgt, ist eine Abrechnung mit CH-Media-Verleger Peter Wanner. Absender sind Gilbert Bühler und Christof Nietlispach.

Der eine ist Direktor der Freiburger Nachrichten AG und im Verleger­verband für das «Departement Recht» zuständig; der andere ist Verwaltungsrats­präsident bei der Freiämter Regional­zeitungen AG und im Verband für das «Departement Distribution» zuständig. Beide sehen sie sich als Vertreter der kleinen Verlage. Und damit als Vertreter einer Sparte, die sich im Verleger­verband seit geraumer Zeit zunehmend schlechter vertreten fühlt.

Aktiv werden Bühler und Nietlispach, nachdem sie am vergangenen Samstag in der «Schweiz am Wochen­ende» einen Meinungs­beitrag ihres Präsidiums­kollegen Peter Wanner gelesen haben. Mit «Ungereimtheiten bei der digitalen Medienförderung» ist dessen ganzseitiger Artikel überschrieben. Rund 9000 Anschläge wendet der Aargauer Chef des Verlags CH Media auf, um die vom Bundes­rat vorgeschlagene Online­förderung in Bausch und Bogen zu verwerfen. Der Gesetzesvorschlag erweise sich bei näherem Hinsehen als Kuckucksei, schreibt Wanner, es türmten sich viele Frage­zeichen und Ungereimtheiten auf. Und was bisher vom Verordnungs­entwurf bekannt sei, sei noch schlimmer: Er wirke überhastet und nicht zu Ende gedacht. (…)

Mit seiner Intervention zwei Tage vor der entscheidenden Kommissions­sitzung fällt Wanner – immerhin Vizepräsident – dem Verleger­verband in den Rücken.

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26. August 2020 at 10:00

Wird die Medienpolitik auf Jahre hinaus gelähmt?

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Die staatliche Förderung von digitalen Medien steht auf der Kippe. Das liegt vor allem an der gespaltenen CVP. Heute könnte die Medien­politik auf Jahre hinaus gelähmt werden.

Eine Recherche, erschienen am 24. August 2020 im Onlinemagazin Republik.

«Weshalb sind die Medien auf staatliche Hilfe angewiesen?» Stefan Engler stellt die Frage, kaum ist er ans Redner­pult des Ständerats geschritten. Und er antwortet gleich selbst: «Weil sich der journalistische Aufwand und die publizistische Vielfalt als Leistung des Service public am Markt nicht rechnen.»

Es ist der 18. Juni 2020, der zweitletzte Tag der Sommersession. Zweieinhalb Wochen hat die kleine Kammer über Covid-19 und die Bewältigung der Pandemie diskutiert. Jetzt widmet sie sich einer Vorlage des Bundesrates, von der die Zukunft einer ganzen Branche abhängt: dem Massnahmen­paket zugunsten der Medien.

Stefan Engler, 60-jährig, CVP, ist seit gefühlter Ewigkeit in der Politik. Von 1987 bis 1998 sass er im Bündner Grossen Rat, danach zwölf Jahre im Regierungs­rat, seit Dezember 2011 vertritt er seinen Kanton im Stände­rat. Seit Anfang Jahr präsidiert er die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Und selten spielte Engler eine wichtigere Rolle als jetzt, wo es so schnell gehen soll wie kaum je sonst in der für gewöhnlich trägen Schweizer Politik.

An diesem Donnerstag im Juni gibt der Kommissions­präsident sein Bestes, um seine Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, die staatliche Medien­förderung markant auszubauen. Lasse der Stände­rat einzig den Wettbewerb spielen, nehme er in Kauf, dass die Vielfalt auf der Strecke bleibe, sagt Engler. «Die Eigentums- und Markt­konzentration bestimmter Medien­quellen sind der Feind der Meinungs­vielfalt, weil sie das Inhaltsangebot verarmen.»

Weil nun vielerorts Konkurse, die Einstellung von Zeitungs­titeln und Massen­entlassungen drohen, macht die Politik Tempo. Schafft es der Bundes­rat, das Parlament zu überzeugen, dann wird schon 2021 bedeutend mehr Geld an die Schweizer Medien fliessen: für den Vertrieb der gedruckten Zeitungen und erstmals auch für Online­journalismus. Fix mit Bundesgeldern rechnen sollte derzeit allerdings kein Online­medium. Denn gegen Ständerat Engler hat sich eine Front von Gegnerinnen gebildet – aus Exponenten der eigenen Partei. Und der Streit in der CVP könnte die Medien­politik auf Jahre hinaus lähmen.

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24. August 2020 at 10:00

Breaking Blues

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Innovativer Online-Journalismus für die Masse: Mit diesem Anspruch startete «Nau.ch» vor drei Jahren. Doch unter dem Druck der Corona-Krise verriet die Firma ihre eigenen Leute.

Eine Recherche, erschienen am 31. Juli 2020 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Philipp Albrecht.

Während der Pandemie schickt «Nau» fast alle seiner rund 50 Angestellten in die Kurzarbeit. Warum die Geschäftsleitung verhindern wollte, dass dieser Fakt an die Öffentlichkeit gelangt, ist unklar. Möglicher­weise wollte der CEO mit seiner Reaktion verschleiern, dass die aufstrebende Jungfirma plötzlich auf staatliche Krisen­hilfe angewiesen war. Es hätte als Zeichen von Schwäche gedeutet werden können – auch wenn im gleichen Zeitraum Hunderttausende andere Firmen ebenfalls Kurzarbeit beantragt hatten.

Besonders merkwürdig erscheint in diesem Zusammen­hang der Abbau von 9 Stellen Ende Mai, obwohl das Instrument der Kurzarbeit Kündigungen gerade verhindern soll.

Nach Gesprächen mit über einem Dutzend Quellen aus dem Umfeld von «Nau» stellt sich heraus, dass die Entlassungen nur 15 Tage nach dem Ende der Kurzarbeits­phase ausgesprochen wurden. Und es steht der Vorwurf im Raum, dass die Nau Media AG die Kurzarbeits­entschädigung zumindest teilweise missbräuchlich bezogen haben könnte. Denn die Redaktorinnen wurden nach mehreren übereinstimmenden Aussagen dazu motiviert, Überstunden zu leisten.

CEO Kilchenmann stellt dies in Abrede. «Die Kurzarbeit und die Kündigungen stehen in keinem direkten Zusammen­hang», schreibt er auf Anfrage. Die Kündigungen begründet er mit «Markt­veränderungen». Was das genau bedeutet, lässt er offen.

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Written by Dennis Bühler

4. August 2020 at 09:14

Veröffentlicht in Republik

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«Redaktionen, die ihre Leser mit versteckter Werbung täuschen, beschädigen ihre Glaubwürdigkeit»

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Medienministerin Simonetta Sommaruga pocht darauf, dass die Verleger journalistische Standards einhalten, wenn der Staat sie unterstützt. Und räumt ein, wie hilflos die Politik im Umgang mit Tech-Giganten wie Google und Facebook ist.

Ein Interview, erschienen am 29. Mai 2020 im Onlinemagazin Republik und geführt gemeinsam mit Bettina Hamilton-Irvine.

In Ihrem Gesetzesentwurf steht: Onlinemedien, die staatlich gefördert werden wollen, müssen journalistische Inhalte und Werbung klar trennen. Weshalb sagen Sie Native Advertising den Kampf an?

Dass Werbung klar gekennzeichnet wird, ist für mich zwingender Bestandteil journalistischer Standards. Redaktionen, die ihre Leser mit versteckter Werbung täuschen, beschädigen ihre Glaubwürdigkeit.

Sind Native Ads aus Ihrer Sicht denn ein gravierendes Problem geworden?

Ja. Ich beobachte seit einiger Zeit, dass Verlage redaktionelle Inhalte und Werbung vermischen und höchstens in ganz kleiner Schrift darauf hinweisen, wenn sie für einen Beitrag Geld erhalten. Das widerspricht journalistischen Standards.

Wie weit soll der Staat eingreifen in das Geschäfts­modell der Verleger?

All unsere Anstrengungen gründen auf der Überzeugung, dass Medien für die demokratische Debatte unverzichtbar sind. Umso mehr muss man sich auf ihre Professionalität verlassen können und darauf pochen, dass sie die journalistischen Standards einhalten.

Und wenn die Medien sich darum foutieren? Der Presserat, die branchen­eigene Beschwerde­instanz für medien­ethische Fragen, mahnt seit Jahren vergeblich.

Dann müssen wir Verstösse eben sanktionieren. Wie wir dem Gebot der Trennung zwischen Werbung und journalistischen Inhalten zum Erfolg verhelfen, spielt keine Rolle – wir klären das auf Verordnungs­ebene. Wichtig ist, dass es uns gelingt. Deshalb unterstützen wir in Zukunft auch den Presserat.

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Written by Dennis Bühler

29. Mai 2020 at 09:00