Freie Bahn für den Einheitsbrei
Die Wettbewerbskommission heisst im Medienbereich eine Fusion nach der anderen gut. Gewerkschafter und linke Politiker fühlen sich im Kampf für die Medienvielfalt verschaukelt. Doch die Zurückhaltung der Weko ist politisch gewollt – im Moment jedenfalls noch.
Eine Analyse, erschienen am 24. August 2018 im Onlinemagazin Republik.
Sie sei ein «zahnloser Tiger im Mediendschungel», schimpft der Journalistenverband impressum über die Wettbewerbskommission (Weko). «Ich kann nicht verstehen, dass sich die Weko um Medienvielfalt foutiert», sagt Grünen-Präsidentin Regula Rytz. Und in Luzern fordern ein SP- und ein CVP-Kantonsrat, ihr Regierungsrat müsse einschreiten, nachdem die Weko jede Hilfe verweigert habe – die beiden Politiker stören sich daran, dass der Schweiz-Teil der «Luzerner Zeitung» bald in Aarau produziert werden dürfte.
Weshalb die Proteststürme? Vergangene Woche gab die Weko bekannt, keine Vorbehalte gegen den Zusammenschluss des Medienkonzerns Tamedia mit dem Werbevermarkter Goldbach zu haben; und auch die Fusion von AZ Medien und NZZ Regionalmedien zum neuen Verlagshaus CH Media winkte sie ohne Auflagen durch. Damit werden «Aargauer Zeitung», «Luzerner Zeitung» und «St. Galler Tagblatt» bald deckungsgleich über das gesamte überregionale Zeitgeschehen berichten.
Mit einer einzigen, knappen Pressemitteilung gab die Weko damit ihren Segen für zwei grosse Deals, die die rasend schnell voranschreitende Medienkonzentration weiter verschärfen. Allerdings: Selbstläufer waren die beiden Genehmigungen nicht. Tamedia-CEO Christoph Tonini war noch drei Tage vor der Bekanntgabe der Entscheide derart nervös, dass er die Weko in einem Interview vorsorglich als «weltfremd» verunglimpfte. Druck baute der grösste Schweizer Medienkonzern auch mit einem Parteigutachten auf, das man bei den Professoren Reiner Eichenberger und Mark Schelker bestellt hatte und via PR-Agentur Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten in die Medien bringen liess.
Es geht um mehr als bloss ökonomischen Wettbewerb: Es geht auch um die Konkurrenz der Ideen. Wenn schweizweit nur noch vier, fünf Mantelredaktionen über Innenpolitik berichten, kann von einem funktionierenden publizistischen Wettbewerb, von einer starken vierten Gewalt keine Rede mehr sein. Gerade Regionalmedien spielen in einem direktdemokratischen, föderalistischen Land eine unersetzliche Rolle; umso gravierender ist, dass die Leserinnen und Leser der einzelnen Zeitungstitel künftig nicht mehr aus regionaler Perspektive über überregionale Vorgänge informiert werden.
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