«Bundesrat und Parlament missachten den Wählerwillen»
Am 20. Februar jährt sich die Annahme der Alpeninitiative zum 20. Mal. Seither steht in der Verfassung: «Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze zu Grenze erfolgt auf der Schiene.» Umgesetzt aber ist die Alpeninitiative auch heute noch nicht – und die Tendenz geht sogar wieder in die andere Richtung: Der Bundesrat plant den Bau einer zweiten Strassentunnelröhre durch den Gotthard.
Ein Interview zum Jubiläum, erschienen am 14. Februar 2014 in der Südostschweiz.
Herr Stadler, obwohl das Volk die Verlagerungspolitik in den folgenden Jahren immer wieder bestätigt hat, sind die seit Annahme der Alpeninitiative in der Verfassung verankerten Ziele bei weitem nicht erreicht. Ist das nicht frustrierend?
Mehr als das. Der Souverän hat 1994 nicht einfach nur einen Wunsch geäussert. Er hat dem Bundesrat und dem Parlament einen Auftrag erteilt. Diese aber missachten seit 20 Jahren den Wählerwillen. Das beschädigt die Demokratie.
Das sind harte Worte.
Sie sind berechtigt. Ich werde den Eindruck nicht los, dass die Akteure im Bundeshaus das Volk nicht ernst nehmen. Ihr Verhalten ist Ausdruck einer Geringschätzung unserer Demokratie. Fast noch schlimmer ist: Wie man im Bundeshaus mit dem Volkswillen umgeht, wirkt sich auch auf zukünftige Abstimmungen aus. Man darf nicht erstaunt sein, wenn die Bevölkerung bei wichtigen Abstimmungen nicht mehr den Empfehlungen des Bundesrats und des Parlaments folgt und den Argumentationen aus Bern keinen Glauben mehr schenkt.
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