«Der Widerstand gegen Vögte liegt uns noch im Blut»
Ende Monat entscheiden die Stimmbürger in den Kantonen Basel-Stadt und Baselland, ob nach 181 getrennten Jahren ein Prozess der Wiedervereinigung in Angriff genommen werden soll. Doch die Ressentiments im Landkanton sind gross.
Eine Reportage und ein Interview mit dem Basler Stadtpräsidenten Guy Morin, erschienen am 4. September 2014 in der Südostschweiz (sowie am 6. September 2014 in der Nordwestschweiz / Aargauer Zeitung).
Auf dem runden, hölzernen Tisch in der «Schützenstube» Hersberg stehen vier halbvolle Biergläser, auf den Stühlen rund um den Stammtisch sitzen vier Männer mit Wollhemden und grauem Haar und jassen. In Basel, sagt einer, müsse man nachts doch Angst haben auf den Strassen. In die Stadt, sagt ein anderer, ginge er höchstens ins Spital, wenn er schwer krank wäre. An der Wand hängen, wehrbereit, eine Lanze und ein Gewehr, die Tapete ziert ein grünlichgelbes Blumenmuster, die Decke verzierte Plättli. Gezapft wird Ziegelhof, das «Bier für hier», seit 1850 nach traditioneller Originalrezeptur in der Brauerei des Kantonhauptorts gebraut, um «Menschen zwischen Muttenz und Liestal, Sissach und Oberdorf zu verbinden». Wer hier etwas essen möchte, bestellt Kuttelsalat, die Spezialität des Hauses.
Ein paar Wochen noch bis zur Abstimmung. Zwar geht es vorerst nur um die Wahl eines gemeinsamen Verfassungsrats, der eine Verfassung für einen fusionierten «Kanton Basel» und danach die vier wichtigsten Gesetze für den neuen Kanton ausarbeiten soll – über das Ergebnis gäbe es nach einigen Jahren wieder einen Volksentscheid, und schliesslich müsste auch noch das ganze Schweizer Stimmvolk Ja sagen zur Aufhebung der Kantonsgrenzen. Und doch geht es im Kern schon jetzt um die alles entscheidende Frage: Sollen sich Basel-Stadt und Baselland vereinigen?
Wenn man den Stammtisch im einzigen Restaurant Hersbergs fragt, ist die Antwort klar: Nein! 3:1. Dass einer der ihren von der Linie abweicht, empört die Rentner. Doch klar, der Abtrünnige wohnt ja auch nicht in Hersberg, dem 316-Seelen-Dorf, sondern unten im Tal im grösseren Arisdorf – näher bei Liestal, näher bei Basel. Näher bei der Welt.
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