Umstrittene Themen umschifft
Gemässigte Sozialdemokraten um die Ständeräte Pascale Bruderer und Daniel Jositsch präsentieren ein Grundlagenpapier. Dieses bleibt aber derart vage, dass selbst die am linken Rand stehenden Corrado Pardini und Cédric Wermuth die meisten Ziele unterschreiben könnten.
Eine Analyse, erschienen am 28. Februar 2017 in der Südostschweiz sowie der Aargauer Zeitung / Nordwestschweiz.
Als pragmatische Sozialdemokraten ihrer Partei zum letzten Mal einen gemässigteren Kurs aufzwingen wollten, schrieben sie ein knackiges 10-Punkte-Programm und tauften es Gurten-Manifest. 2001 war das. Die Gruppe um die heutige Bundesrätin Simonetta Sommaruga wagte sich an für die Linke heisse Kartoffeln: «Die SP akzeptiert eine Begrenzung der Zuwanderung», lautete eine Forderung, «die SP will einen effizienten Staat» eine andere.
16 Jahre später luden gestern erneut namhafte Exponenten des rechten Parteiflügels zur Präsentation eines Grundlagenpapiers. Auch der Name des Saals schürte die Erwartungshaltung: Im Raum «Gurten» im Hotel «Bern» sassen elf Politiker schliesslich zwei Dutzend gespannten Journalisten gegenüber. Im Unterschied zu den historischen Vorbildern aber klammerte die Gruppe um die Ständeräte Pascale Bruderer und Daniel Jositsch und die Nationalräte Evi Allemann, Yvonne Feri, Chantal Galladé und Tim Guldimann fast alle umstrittenen Themen aus. Weder zur Asylpolitik noch zur Zukunft der Armee oder zur Sicherheitslage präsentierten sie Thesen oder Vorschläge. Und das, obwohl viele Vertreter des rechten Flügels just in diesen Punkten am meisten von der Parteilinie abweichen.
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Im Zentrum des nun vorliegenden Entwurfs steht das Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft. Der Staat solle nur eingreifen, um Exzesse zu verhindern oder Schwächere zu schützen, heisst es. «Umverteilen kann man nur, wenn zuvor etwas erwirtschaftet worden ist», sagte der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr.
Im Vergleich zum linken Parteiflügel und den Juso also glauben die pragmatischen Kräfte an den Markt und beurteilen staatliche Lenkung kritischer. Aber sonst? Bleiben ihre Vorstellungen erstaunlich vage – und unterscheiden sich kaum von den in der SP mehrheitsfähigen. Das sieht auch Fraktionschef Roger Nordmann so: «Jositsch, Bruderer und Co. haben weitgehend unser Parteiprogramm abgeschrieben. Ich hätte mehr Substanz erwartet.»
Dem Vernehmen nach freilich hielt sich der gemässigte Flügel beim ersten Entwurf des Positionspapiers absichtlich zurück: Keinesfalls sollen potenzielle Mitstreiter vergrault werden, weil sie einzelne Ziele in umstrittenen Themenbereichen nicht mittragen. «Wer sich jetzt nicht bei unserer Plattform einbringt, stärkt den linken Flügel», sagt Jositsch. Als Devise scheint zu gelten: Wachstum vor Inhalt.
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