Linkes Zürich heisst Blocher nicht willkommen
Zürcher Politiker ärgern sich, dass die amtliche Publikation «Tagblatt der Stadt Zürich» bald SVP-Politiker Christoph Blocher gehören dürfte.
Reaktionen zum anstehenden Zeitungstausch, erschienen am 15. März 2018 in der Südostschweiz und der Aargauer Zeitung / Nordwestschweiz.
Noch immer ist der Mediendeal nicht bestätigt: Die Zeichen aber verdichten sich immer mehr, dass sich Tamedia und die Führungsriege der «Basler Zeitung» (BaZ) einig werden. So wurde BaZ-Verwaltungsrat Rolf Bollmann gestern am Tamedia-Hauptsitz in Zürich gesehen, wo er sich gemäss mehreren Quellen während einiger Stunden aufhielt. Um Verträge zu unterschreiben? Oder um seine dort arbeitende Tochter zu besuchen, wie Bollmann der «Südostschweiz» gestern Abend weismachen wollte? Auch Tamedia antwortete auf Anfrage ausweichend: «Von unserer Seite gibt es keine Neuigkeiten», so Kommunikationschef Christoph Zimmer.
Letzten Samstag hatte die «Schweiz am Wochenende» die Verhandlungen der Verleger publik gemacht. Im Vordergrund steht nach wie vor ein Tauschgeschäft: Tamedia kriegt die BaZ, deren Spitze um alt SVP-Bundesrat Christoph Blocher und Bollmann erhält das «Tagblatt der Stadt Zürich». BaZ-Chefredaktor Markus Somm bestätigte den Sachverhalt am Montag gegenüber der eigenen Redaktion (Ausgabe von gestern).
Noch vor der Verkündigung ruft der Deal die Politik auf den Plan. So diskutierte der Zürcher Gemeinderat gestern Abend darüber, welche Folgen es hätte, wenn der Herausgeber des städtischen Amtsblatts auf einmal Blocher hiesse. Schliesslich hat die Stadt den Vertrag erst kürzlich verlängert. In einer dringlichen schriftlichen Anfrage wollen die Lokalpolitiker Jean-Daniel Strub (SP) und Andreas Kirstein (AL) vom Stadtrat unter anderem wissen, unter welchen Voraussetzungen die Vereinbarung gekündigt werden könnte. Den Vorstoss unterzeichneten 63 Politiker von SP, Grüne, AL, und GLP. «Der Titel ‘Städtisches Amtsblatt’ wird als Gütesiegel wahrgenommen», sagt Strub. «Die Leserschaft glaubt, was in einer solchen Zeitung steht. Deshalb wäre es verheerend, wenn ein politisches Lager dieses Gütesiegel für seine politischen Zwecke nutzen könnte.»
Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti hält auf Anfrage fest: «Für die Stadt Zürich ist zentral, dass die Vertragsbedingungen eingehalten werden. Diese beinhalten unter anderem, dass der redaktionelle Teil sachlich, politisch und journalistisch ausgewogen gestaltet wird und dass der amtliche Teil klar abgegrenzt ist.» Der bis Ende 2022 gültige Vertrag könne gekündigt werden, «wenn die Weiterführung der Zusammenarbeit unzumutbar geworden ist».
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