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Wird die Medienpolitik auf Jahre hinaus gelähmt?
Die staatliche Förderung von digitalen Medien steht auf der Kippe. Das liegt vor allem an der gespaltenen CVP. Heute könnte die Medienpolitik auf Jahre hinaus gelähmt werden.
Eine Recherche, erschienen am 24. August 2020 im Onlinemagazin Republik.
«Weshalb sind die Medien auf staatliche Hilfe angewiesen?» Stefan Engler stellt die Frage, kaum ist er ans Rednerpult des Ständerats geschritten. Und er antwortet gleich selbst: «Weil sich der journalistische Aufwand und die publizistische Vielfalt als Leistung des Service public am Markt nicht rechnen.»
Es ist der 18. Juni 2020, der zweitletzte Tag der Sommersession. Zweieinhalb Wochen hat die kleine Kammer über Covid-19 und die Bewältigung der Pandemie diskutiert. Jetzt widmet sie sich einer Vorlage des Bundesrates, von der die Zukunft einer ganzen Branche abhängt: dem Massnahmenpaket zugunsten der Medien.
Stefan Engler, 60-jährig, CVP, ist seit gefühlter Ewigkeit in der Politik. Von 1987 bis 1998 sass er im Bündner Grossen Rat, danach zwölf Jahre im Regierungsrat, seit Dezember 2011 vertritt er seinen Kanton im Ständerat. Seit Anfang Jahr präsidiert er die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen. Und selten spielte Engler eine wichtigere Rolle als jetzt, wo es so schnell gehen soll wie kaum je sonst in der für gewöhnlich trägen Schweizer Politik.
An diesem Donnerstag im Juni gibt der Kommissionspräsident sein Bestes, um seine Kolleginnen und Kollegen davon zu überzeugen, die staatliche Medienförderung markant auszubauen. Lasse der Ständerat einzig den Wettbewerb spielen, nehme er in Kauf, dass die Vielfalt auf der Strecke bleibe, sagt Engler. «Die Eigentums- und Marktkonzentration bestimmter Medienquellen sind der Feind der Meinungsvielfalt, weil sie das Inhaltsangebot verarmen.»
Weil nun vielerorts Konkurse, die Einstellung von Zeitungstiteln und Massenentlassungen drohen, macht die Politik Tempo. Schafft es der Bundesrat, das Parlament zu überzeugen, dann wird schon 2021 bedeutend mehr Geld an die Schweizer Medien fliessen: für den Vertrieb der gedruckten Zeitungen und erstmals auch für Onlinejournalismus. Fix mit Bundesgeldern rechnen sollte derzeit allerdings kein Onlinemedium. Denn gegen Ständerat Engler hat sich eine Front von Gegnerinnen gebildet – aus Exponenten der eigenen Partei. Und der Streit in der CVP könnte die Medienpolitik auf Jahre hinaus lähmen.
Written by Dennis Bühler
24. August 2020 at 10:00
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Im Goldfischteich
An diesem und dem nächsten Wochenende entscheidet sich der Kampf um den Ständerat. Wer das Rennen macht, wird sich auf Laptopverbot, Morgenappell, Traditionsverliebtheit einstellen müssen. Ein Porträt der mächtigen kleinen Kammer – in sechs Episoden.
Ein Hintergrundartikel, erschienen am 15. November 2019 im Onlinemagazin Republik und geschrieben gemeinsam mit Philipp Albrecht und Bettina Hamilton-Irvine.
Die Krawattenpflicht ist dem Tode geweiht: Immer mehr Unternehmen entbinden ihre Kaderleute davon. Doch eine Gruppe 46 Unbeugsamer im Bundeshaus hält hartnäckig an der Krawatte fest. Konrad Graber begrüsst das. «Ich bin Anhänger von Traditionen.»
Doch Graber gehört bald der Vergangenheit an. Der 61-jährige Luzerner CVP-Politiker ist nur noch bis Ende Monat Mitglied des Ständerats. Er hört nach 12 Jahren auf. Und mit ihm viele seiner Kolleginnen. Diesen und nächsten Sonntag wählen die letzten 9 Kantone im zweiten Wahlgang neue Vertreter. Klar ist schon jetzt: Der Ständerat wird danach jünger und weiblicher sein. Vielleicht ist auch bald schon die Krawattenpflicht in Gefahr.
Ständerat, kleine Kammer, Chambre de réflexion, Stöckli – die Gruppe trägt viele Namen. Etliche der Regeln, die für sie gelten, wären im Nationalrat undenkbar. Auch wenn dort genauso jahrzehntelang jeder einen Schlips tragen musste und eine Zeitung dem damaligen Nationalratspräsidenten Martin Bundi noch 1986 wegen einer fehlenden Krawatte Führungsschwäche vorwarf.
(…)
Die Basler SP-Ständerätin Anita Fetz hält einen knackigen Vergleich parat: Der Nationalrat, sagt sie, sei wie ein Haifischbecken. Im Ständerat hingegen fühle man sich wie in einem Goldfischteich. Wie Graber gibt auch Fetz Ende Monat den Badge ab – nach 16 Jahren. Was macht den Ständerat zum Goldfischteich, Frau Fetz?
«Im Gegensatz zum Nationalrat, wo sich jeder mit seinen Ellenbogen Aufmerksamkeit und einen Platz in den begehrten Kommissionen erkämpfen muss und wo ständig Sturmsee herrscht, hat man im Ständerat genug Platz, um herumzuschwimmen und zu schauen, was läuft. Man kann sich schön auf den Inhalt konzentrieren. Das entspannt schon sehr.»
Doch ganz so einfach ist es nicht. Was macht den Ständerat aus, wie funktioniert er – wer ist er? Eine Annäherung in Episoden.
Written by Dennis Bühler
15. November 2019 at 10:00
Veröffentlicht in Republik
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