Dennis Bühler – Journalist

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«Man erwartet zu viel vom Strafrecht»

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Kipfer FasciatiMit dem Strafrecht liessen sich nicht alle Probleme der Gesellschaft lösen, sagt Daniel Kipfer Fasciati, Präsident des Bundesstrafgerichts in Bellinzona. Das Parlament kritisiert er für den Aktivismus, immer mehr und neue Gesetze zu erlassen.

Ein Interview, geführt gemeinsam mit David Sieber und erschienen am 16. Juni 2014 in der Südostschweiz und der Nordwestschweiz / Aargauer Zeitung.

Herr Kipfer Fasciati, weshalb wollen Sie keine neuen, differenzierteren Gesetze?

Viele der in den letzten Jahren erlassenen neuen Gesetze beruhten auf skandalisierten Einzelfällen. Der Gesetzgeber zeigt in neuerer Zeit im Bereich des Strafrechts eine grosse Betriebsamkeit. Er «löst» so Probleme, die entweder nur sehr vereinzelt, als unvermeidbare Fehler auftreten, oder gar inexistent sind. Man nennt das symbolische Gesetzgebung.

Ist die Rechtsprechung komplizierter geworden, seit Parlament und Volk immer mehr Vorgaben machen?

Das Problem sind nicht die Vorgaben als solche, sondern die Kadenz der Revisionen. Im Einzelfall können formellrechtliche Probleme exponentiell zunehmen, wenn der Gesetzgeber die Rechtsgrundlagen in kurzer Zeit mehrfach revidiert. Das Grundproblem aber scheint mir: Öffentlichkeit und Politik erwarten zu viel vom Strafrecht. Es lassen sich mit diesem Instrument nicht alle Probleme lösen, die in einer Gesellschaft bestehen. Ich vertrete die Meinung, dass die Instrumentarien, die man hat, bis zum Beweis, dass sie systematisch ungenügend sind, genügen, um den zwingenden Kernbereich von Rechtsgütern zu schützen. Wir haben in der Schweiz die notwendigen Gesetze und eine funktionierende Strafjustiz. Im Übrigen scheint mir dem Ansehen des Rechts zu schaden, wenn der Eindruck entsteht, sein Inhalt könne jederzeit tagespolitischen Bedürfnissen angepasst werden.

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Written by Dennis Bühler

16. Juni 2014 um 16:00

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