«Das System ist todkrank – und wird es mit Blatter bleiben»
Am 27. Mai 2015 wird die Fussballwelt in ihren Grundfesten erschüttert: Hochrangige Fifa-Funktionäre werden in Zürich verhaftet. Experte Jens Weinreich ordnet die Vorgänge ein – und lässt kein gutes Haar am Weltfussballverband und dessen Präsident Sepp Blatter.
Ein Interview, geführt gemeinsam mit Rinaldo Tibolla und erschienen am 28. Mai 2015 in der Südostschweiz und der Nordwestschweiz / Aargauer Zeitung.
Er sei von den Vorgängen um die Fifa genauso überrascht worden wie alle anderen, sagt Jens Weinreich im Interview mit der «Südostschweiz». Das verwundert, gilt der 50-jährige Journalist und Buchautor doch als einer der profundesten Kenner der internationalen Sportpolitik. Die Verblüffung Weinreichs hat vor allem einen Grund, wie er sagt: Er hatte die Hoffnung bereits aufgegeben, jemals einen solchen Tag erleben zu dürfen.
Jens Weinreich, die Fussballwelt wurde heute Morgen in ihren Grundfesten erschüttert. Wie überrascht waren Sie?
Jens Weinreich: Wer behauptet, er sei nicht überrascht worden, sagt nicht die Wahrheit. Ich bin heute oft gefragt worden, ob ich von einem solchen Tag geträumt habe. Ehrlich gesagt: Ich hatte die Hoffnung bereits aufgegeben. Und ich hätte nie damit gerechnet, ausgerechnet in Zürich Zeuge solcher Vorgänge zu werden. Denn die Schweizer Justizbehörden sind ja nicht gerade dafür bekannt, im Sinne der Aufklärung zu arbeiten.
Nun aber ist ausgerechnet die Schweiz aktiv geworden.
Internationale Sportverbände haben sich in der Schweiz immer pudelwohl gefühlt. Gegen die Fifa gerichtete parlamentarische Vorstösse wurden stets hochkant abgelehnt, der Bundesrat hofiert die Verbände seit Jahrzehnten. Der heutige Tag aber verändert vieles. Er hat bei der Fifa, aber auch beim Olympischen Komitee und vielen anderen hier ansässigen internationalen Sportverbänden Schockwellen und Angst ausgelöst.
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