Schweizer Wirtschaft rüstet sich für den Aufbruch im Orient
Heute Freitag soll die Internationale Atomenergiebehörde bekannt geben, ob sich der Iran an die Auflagen des Nuklearvertrages gehalten hat. Noch im Januar könnten erste Sanktionen aufgehoben werden. Ist die Schweizer Wirtschaft bereit?
Ein Augenschein in Teheran und Isfahan und Gespräche mit Schweizer Iran-Experten, erschienen am 15. Januar 2016 in der Südostschweiz sowie der Aargauer Zeitung / Nordwestschweiz.
Stolz zeigt der Teppichhändler im Basar der Stadt Isfahan ein Foto, das ihn händeschüttelnd mit Sigmar Gabriel zeigt. Zwar habe der deutsche Wirtschaftsminister bei ihm nichts gekauft. «Ein paar Gassen weiter aber hat er ein Tuch und eine Tasche für seine Frau erworben. Die Handwerkskunst Isfahans ist weitherum bekannt!»
Überall im Iran ist bei unserem Besuch Ende November die Aufbruchstimmung spürbar. Von Teheran bis Shiraz, von Isfahan bis Yazd fiebern die Einwohner der bevorstehenden Aufhebung der Wirtschaftssanktionen entgegen, die das Land während Jahren so arg gebeutelt haben. Gabriel war im vergangenen Juli, nur Tage nach Unterzeichnung des Nuklearvertrages, das erste westliche Regierungsmitglied, das im Orient seine Aufwartung machte. Johann Schneider-Ammann, Schweizer Bundespräsident und Volkswirtschaftsminister, folgt ihm Ende Februar. In Teheran wird er den iranischen Präsidenten Hassan Rohani treffen.
Noch zuvor dürfte die erste Tranche der Sanktionen aufgehoben werden. Voraussetzung ist, dass die Internationale Atomenergiebehörde heute in Wien bestätigt, dass sich der Iran im halben Jahr seit Vertragsunterzeichnung an alle Auflagen gehalten und endgültig von der Entwicklung von Nuklearwaffen Abstand genommen hat. Erwartet wird, dass der Iran bald wieder als vollwertiges Mitglied der Staatengemeinschaft anerkannt wird – und dann der Run der Goldgräber so richtig losgeht.
«Der Wegfall der Sanktionen wird der Schweizer Exportwirtschaft einen neuen, grossen und chancenreichen Markt eröffnen», sagt Schneider- Ammann. Das glaubt auch Andreas Schweitzer, der seit 2009 in Teheran wohnt und Unternehmen berät, die im Iran investieren wollen. «Das Potenzial ist mit jenem der Türkei vergleichbar», sagt er. «Der Iran ist ein riesiges Land mit gut ausgebildeter Bevölkerung, die sich einen wirtschaftlichen Aufschwung herbeisehnt.» Gute Chancen ausrechnen könnten sich vor allem Pharmafirmen, die Tourismus- und Hotelbranche, die Kosmetik-, Nahrungsmittel und Verpackungsindustrie, der Energiesektor, die Baubranche und die Petrochemie, glaubt der mit einer Iranerin verheiratete Schweizer.
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