Ach, Mensch, Herr Erden
Kamil Erden hat eine 86-jährige Rentnerin sexuell missbraucht, eine weitere Frau vergewaltigt, bei einer dritten blieb es beim Versuch. Vom Hamburger Landgericht wurde der Triebtäter gestern verurteilt – und reagierte gleichgültig.
Eine Gerichtsreportage, geschrieben im Januar und Februar 2011 an der Hamburg Media School (unveröffentlicht).
Schwach schimmert die Sonne durch die staubigen Fenster in den Saal Nummer 209 des Hamburger Landgerichts. Kamil Erden, geboren am 23.8.1980, wird ins Zimmer geführt, die Handschellen werden ihm abgenommen, er setzt sich auf die Anklagebank in der Mitte des Raumes, seine dicken Hände legt er auf den grauen Tisch vor ihm. Die olivgrüne Jacke, die ihn noch dicker macht, zieht er nicht aus. Mein Mandant macht heute einen ausgesprochen schläfrigen Eindruck, sagt der Verteidiger. Herr Erden, haben Sie Drogen oder Medikamente zu sich genommen? Ein Beruhigungsmittel, sagt der Angeklagte, weil ich heute zum Richter musste. Seine Worte sind kaum zu verstehen, er brummelt, er nuschelt. Zudem habe ich die Medizin geschluckt, die ich täglich erhalte.
Herr Erden, drei Straftaten werden Ihnen zur Last gelegt, sagt der Richter. Und die Staatsanwältin, eine junge, gestrenge Frau mit langen blonden Haaren, schürzt die Lippen und beginnt in raschen Sätzen zu erzählen.
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